41 Jahre lang hat sich Birgit Nahrwold im kirchlichen Dienst für Hilfsbedürftige eingesetzt
Cadenberge. Ihr Herz schlägt für die Menschen. So war es immer schon. 41 Jahre lang hat sich Birgit Nahrwold im kirchlichen Dienst für
hilfsbedürftige Mitbürger eingesetzt, 36 Jahre und 5 Monate davon als Kirchenkreissozialarbeiterin bei der Diakonie. Ende des Monats ist Schluss: Ruhestand. Es wird kein Tag sein wie jeder
andere.
Vor ihrer offiziellen Verabschiedung Ende Februar im Gemeindehaus der Kirchengemeinde Cadenberge hat sich Birgit
Nahrwold mit Superintendentin Kerstin Tiemann verabredet. In der Superintendentur in Otterndorf ist an diesem ruhigen Nachmittag gute Gelegenheit zum Plausch bei Kaffee und Keksen. „Wo ist bloß
die Zeit geblieben“, fragt sich die 65-Jährige, als sie die wichtigsten Stationen ihres beruflichen Lebens noch einmal Revue passieren lässt.
Freiwilliges soziales Jahr im ökumenischen Altenzentrum
Gern erinnert sich die gebürtige Bremerhavenerin an die Anfänge, als sie nach dem Abitur darüber nachdenkt, wie es
denn für sie weitergehen soll. „Ich wollte irgendwas mit Menschen machen“, weiß Nahrwold noch heute und schmunzelt. Ein freiwilliges soziales Jahr im ökumenischen Altenzentrum St. Ansgar in
Hannover ist die erste Station. Dort habe sie erstmals festgestellt, „dass ich gern einen helfenden Beruf ergreifen möchte“, das Studium der Sozialen Arbeit in Braunschweig ist nur
folgerichtig.
Nach dem staatlichen Anerkennungsjahr beim Kreisjugendamt Pinneberg ist sie dann - wie viele andere zu der Zeit -
einige Monate arbeitslos. Weiter geht es zunächst mit einer ABM-Stelle bei der evangelischen Erwachsenenbildung in Stade, erzählt Birgit Nahrwold. 1984 schließt sich das Projekt „Arbeiten und
Lernen“ für arbeitslose Jugendliche in Cadenberge an - das heutige Berufsbildungswerk Cadenberge e.V. mit einem breitgefächerten Qualifizierungsangebot und Ausbildungsmöglichkeiten.
Im Sommer 1984 erreicht sie das Angebot, die Aufgaben als Leiterin des Diakonischen Werks in Cadenberge zu
übernehmen. Birgit Nahrwold greift zu, zunächst mit gemischten Gefühlen und stellt sich dieser Verantwortung. Der Einstieg in die diakonische Arbeit als Kirchenkreissozialarbeiterin ist gemacht.
Birgit Nahrwold ist unter anderem zuständig für die Allgemeine Sozialberatung, für die Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung, für verschiedene Angebote für Alleinerziehende, den
Ausbau und Erweiterung der Kleiderkammer und Begleitung der hier ehrenamtlich Tätigen sowie die Zusammenarbeit mit den Kirchengemeinden und die Entwicklung neuer Beratungsangebote.
Mit der Sozialen Schuldnerberatung wird 1993 ein spezifisches Angebot für überschuldete Menschen von ihr initiiert.
Es ist bis heute ein wichtiges und unverzichtbares Beratungsangebot der Diakonie.
Im Laufe der Jahre kamen weitere Fachbereiche dazu
Birgit Nahrwold berichtet, dass im Laufe der Jahre weitere Fachbereiche, wie ein Beratungsangebot für Ratsuchende
in schwierigen Lebenssituationen oder für die Sexualpädagogik an Schulen rege in Anspruch genommen werden, allerdings aus finanziellen Gründen nicht fortgeführt werden können. Umso mehr habe es
sie gefreut, dass das Projekt „Chancen schaffen“ zehn Jahre lang mit diversen Spendenmittel finanziert werden kann.
Die erste große Veränderung für das Diakonische Werk ist die Fusion der Kirchenkreise Cuxhaven und Land Hadeln zu
Beginn des Jahres 2013. Mit der Verbandsgründung zum 1. Januar 2021 erfolgt dann der zweite große Zusammenschluss mit dem Diakonischen Werk Wesermünde zur heutigen Diakonie Cuxland.
Birgit Nahrwold hat ihre Berufs- und Lebenserfahrung in die Leitung und Entwicklung der Beratungsstelle und des
Verbandes einfließen lassen. Mit Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit und der ihr eigenen Portion Selbstkritik.
„Kirchenkreissozialarbeit als ein niedrigschwelliges Beratungsangebot für alle Menschen ist in einer Zeit mit immer
komplexer werdenden Fragestellungen wichtig und unverzichtbar“, unterstreicht Birgit Nahrwold. Auch ist sie der Ansicht, dass die Angebote der Freien Wohlfahrtspflege staatlicherseits finanziell
besser gefördert werden müssen.
Birgit Nahrwold hat Ratsuchenden stets aufmerksam zugehört. „Zeit zum Zuhören und Fachwissen ist das A und O“, hebt
sie die Notwendigkeit hervor, „sich mit Respekt und Empathie in die jeweilige Situation der Menschen einzufühlen und gemeinsam zu prüfen, was machbar ist, um schwierige Lebenslagen zu
überwinden“. Es ist ihr stets wichtig gewesen, die Menschen zu unterstützen, sie zu stärken und Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten. „Die Vielfalt der Aufgaben und Herausforderungen hat mir all die
Jahre Freude gemacht“, erzählt die 65-jährige.
Der nahende Ruhestand bedeutet, Abschied zu nehmen von einer fast lebenslangen Berufstätigkeit, um neues Kapitel
des Lebens aufzuschlagen. „Ich möchte wieder regelmäßig Sport treiben“, verrät Birgit Nahrwold, was sie in ihrer Freizeit machen will. Die Beschäftigung mit Farbe bereite ihr großes Vergnügen,
ebenso die Fotografie. „Und wieder einmal in Ruhe einen Krimi zu lesen, hat ja auch was für sich.“
Der Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Ralf Meister, hat sich
am Rande seiner Reise ins Westjordanland zu dem Anschlag in Magdeburg geäußert: "Mein Mitgefühl und meine Anteilnahme gelten den Menschen, die von dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in
Magdeburg betroffen sind. Ich bete für die Verletzten und für die Angehörigen der Menschen, die ihr Leben verloren haben. Dieses schreckliche Erleben konfrontiert uns mit der Verletzlichkeit
unserer Werte und unserer Lebenswelt. Verletzlich und schutzlos sind wir wie das Neugeborene in der Krippe. Weihnachten erzählt, wie wir trotzdem unsere Hoffnung nicht verlieren."
„Der Anschlag lässt uns einfach nur fassungslos zurück“, sagte der Bischof der
Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg, Thomas Adomeit, am Sonnabend. Er ist auch der Ratsvorsitzende der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen. Die katholischen Bischöfe
Dominicus Meier in Osnabrück und Heiner Wilmer in Hildesheim sprachen von einer „furchtbaren Gewalttat“. Der Anschlag auf friedliche Menschen so kurz vor Heiligabend sei „ein Angriff auf unsere
freie Gesellschaft, der durch nichts zu rechtfertigen ist“. Die Theologen riefen zum Gebet für die Opfer und Angehörigen auf.
Am Freitagabend war ein 50-jähriger Mann aus Saudi-Arabien, der seit 2006 in Sachsen-Anhalt lebt, mit einem Auto in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt in
der Innenstadt gefahren. Dabei wurden vier Frauen und ein neunjähriger Junge getötet. Mehr als 200 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt.
Die Kirchenpräsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche in Leer, Susanne Bei der Wieden, sagte, die Amokfahrt zeige, „wie gefährdet, wie zerbrechlich unser
alltägliches Leben ist. Durch Menschen, die Böses ersinnen und auch durch die Stimmungen, die daraus erwachsen“. Gerade jetzt sei Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit gefragt. „Wir dürfen uns
nicht von Furcht überkommen lassen.“ Furcht führe oft dazu, dass unüberwindbare Gräben aufgeworfen werden zwischen Menschen, zwischen Religionen, auch zwischen Parteien. Dieses Wissen rufe zur
Verantwortung: „Dass wir alles dafür tun, die Spaltungen in unserer Gesellschaft nicht weiter zu vertiefen.“
Am Samstagabend haben tausende Magdeburger bei einem Trauer- und Gedenkgottesdienst im Magdeburger Dom sowie auf dem Domplatz der Opfer des Anschlags gedacht. Um
19.04 Uhr, exakt 24 Stunden nach der Tat, läuteten zudem alle Kirchenglocken der Stadt. Zu der Trauerfeier im Dom waren unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf
Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne), die Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt und Brandenburg, Reiner Haseloff (CDU) und Dietmar Woidke (SPD), sowie die Magdeburger
Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) gekommen.
Demokratie braucht Engagement – das Demokratiefördergesetz muss zügig kommen
Anlässlich des Internationalen Tages des Ehrenamtes und des Deutschen Engagement-Tages fordert die Diakonie Deutschland gemeinsam mit
einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis die zügige Umsetzung des geplanten Demokratiefördergesetzes.
Wie unverzichtbar ein solches Gesetz ist, wird aus Sicht des Bündnisses angesichts der vielfältigen und tiefgreifenden gesellschaftlichen Herausforderungen – rechtspopulistische Wahlerfolge,
Antisemitismus und Rassismus – besonders deutlich. Umso wichtiger sind in Zeiten multipler Krisen der gesellschaftliche Zusammenhalt, Vertrauen in die Demokratie und das entschiedene Eintreten
gegen demokratie- und menschenfeindliche Haltungen und Angriffe. Dafür müssen jetzt die Voraussetzungen geschaffen werden. Das Demokratiefördergesetz wird bereits seit 15 Jahren diskutiert. Die
Zeit zur Umsetzung drängt, denn es ist für die langfristige Absicherung des notwendigen demokratiestärkenden Engagements in Deutschland eine entscheidende Grundlage, heißt es in einem am Montag
gemeinsam veröffentlichten Grundsatzpapier.
Dazu erklärt Diakonie-Sozialvorständin Maria Loheide:
"Demokratie braucht zivilgesellschaftliches Engagement. Unsere Demokratie wird derzeit oft in Frage gestellt. Nur gemeinsam und mit einer starken Zivilgesellschaft können wir diese
Herausforderung bewältigen. Programme zur Demokratie- und Engagement-Förderung brauchen eine dauerhaft gesicherte Finanzierung und die Mitarbeitenden und die freiwillig Engagierten langfristige
Perspektiven. Das muss das geplante Demokratiefördergesetz leisten."
In diesem Zusammenhang verwies Loheide darauf, dass die Gesellschaft so vielfältig sei wie nie zuvor: "Diese Vielfalt ist eine Bereicherung für unsere Gesellschaft. Sie gilt es zu fördern und zu
schützen. Gleichzeitig nehmen demokratiefeindliche und menschenverachtende Handlungen und Vorfälle in erschreckendem Maße zu. Die Sorgen und Ängste vieler Menschen angesichts dieser Vielfalt
müssen ernst genommen werden. Dafür braucht es Räume des Austauschs, Bildungsprogramme und Möglichkeiten, das eigene Lebensumfeld mitzugestalten. Das stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt!"
Das Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Organisationen der Demokratieförderung, des bürgerschaftlichen Engagements, der politischen Bildung sowie der Extremismusprävention und der
Konfliktbearbeitung formuliert in dem gemeinsamen Policy Paper Anforderungen an das vakante Demokratiefördergesetz. Es enthält Vorschläge zur Beteiligung und Demokratieförderung und gibt
Empfehlungen zur Umsetzung. Das Bündnis unterstreicht: "Die langfristige Absicherung des demokratiestärkenden Engagements ist dringend notwendig. Wer Antisemitismus, Extremismus und Populismus
bekämpfen will, muss jetzt die Zivilgesellschaft stärken. Wir fordern daher die zügige Umsetzung des geplanten Demokratiefördergesetzes."
In der Diakonie unterstützen Demokratieprojekte haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende in der
Auseinandersetzung mit Populismus, Extremismus und Demokratiefeindlichkeit. Sie schaffen Weiterbildungs- und Beratungsangebote, wirken Polarisierung entgegen und fördern ein demokratisches
Miteinander im Alltag. Als Bildungs- und Orientierungsformate stellen hierfür auch die Freiwilligendienste mit ca. 100.000 Engagierten jährlich, davon ca. 14.000 in evangelischen
Freiwilligendiensten, ein erhebliches Potential dar.
Es war nach einem langen Wandertag, als ich die schwere Holztür der kleinen Kirche in Südschweden aufzog. Kühle
Luft schlug mir entgegen; herrlich nach vielen Kilometern auf schattenlosem Asphalt. Eine Sitzecke mit gemütlichen Sesseln bot sich für die Pause an; in einer Kaffeeküche gab es sogar frisches
Wasser.
Aufmeiner Pilgertour habeich in vielen Kirchen Rast gemacht. In manchen
habe mir alles angeschaut; oft habe ich gebetet, Tagebuch geschrieben oder gesungen und manchmal saß ich einfach nur erschöpft da und war für die Ruhe dankbar. In jedem Fall bin ich gestärkt
weitergezogen.
Kraftspendende Orte – nicht nur für Pilger
Kirchen sind Kraftorte – diese Erfahrung machen nicht nur Pilgerinnen und Pilger. Viele Menschen erzählen davon, dass sie gerne in Kirchen gehen, auch solche, die sich selbst nicht als besonders
christlich oder gläubig bezeichnen. Sie suchen einen Ort für eine Auszeit: ein paar Minuten der Stille im Trubel der Stadt. Eine kleine Weile des Zu-sich-Kommens, vielleicht sogar der
Geborgenheit. Einen Ort, an dem man einfach da sein kann, ohne etwas leisten, darstellen oder bezahlen zu müssen.
Kirchen haben auf vielerlei Weise wohltuenden Einfluss. Eine Reisende, die mit ihrem Wohnmobil vor einer Kirche campt, berichtet,
dass sie sich im Schatten des Kirchturms sicher fühle. Und eine Kollegin erzählt, dass sie mit ihre Kindern gern in Kirchen geht, damit sie lernen, was Stille bedeutet.
Erfahren und lernen, was Stille bedeutet
Offenbar sind Kirchen Gebäude, die eine besondere Atmosphäre – manche würden sagen: eine Heiligkeit – ausstrahlen. Vor allem die
alten Kathedralen überwältigen einfach schon durch ihre gewaltige Größe und Pracht. Kein Wunder, wurden sie doch für etwas gebaut, das menschliches Maß übersteigt: die Begegnung mit Gott. In
einer Welt, in der die meisten Gebäude nach dem Maßstab nüchternen Zweckdenkens gebaut werden, tun dieser Überfluss und diese Großzügigkeit gut.
Aber nicht nur die prachtvolle Architektur zieht Menschen an. Da ist noch mehr in Kirchenräumen, in alten wie in modernen: eine
besondere Atmosphäre, die viele als wohltuend empfinden. Sind es vielleicht Nachklänge der unzähligen Gebete, Gesänge und Segen, die die Stimmung hier so
besonders machen? Wer eine Kirche betritt, weiß: Hier kommen Menschen zum Gottesdienst zusammen, um Gott zu loben und sich die gute Botschaft zusprechen zu lassen. Das mag man wohl auch dann
spüren, wenn der Raum menschenleer ist.
Kirchenräume sind mehr als prachtvolle
Architektur
Darum: Kirchen auf! So viel und so lange wie möglich. Gerade in Zeiten, in denen viele Menschen mit „Kirche“ nichts mehr anfangen
können, sind offene Kirchengebäude ein tolles Angebot und eine Möglichkeit, in Kontakt zu bleiben.
„Ab ins Körbchen“ heißt es ab sofort für Urlauber am Friesenstrand des
niedersächsischen Nordseebades Tossens: Dort hat die kirchliche Urlauberseelsorge zwei Strandkörbe als „Zuhör-Körbe“ aufgestellt, in denen Menschen spontan mit geschulten
Zuhörern ins Gespräch kommen können.
In der Hochsaison von Juni bis August haben Ehrenamtliche mittwochs, donnerstags und freitags jeweils
von 12 bis 16 Uhr ein offenes Ohr für ihre Mitmenschen. „Die Idee hat Claudio Schrock-Opitz von der Tourismus-Service-Gesellschaft Butjadingen aus Ostfriesland mitgebracht“,
erzählt Pastor Dietmar Reumann-Claßen aus Nordenham.
Seelsorge im Strandkorb: Projekt ausgeweitet
Das Projekt gefiel ihm so gut, dass das Angebot nun auch im Butjadinger Ortsteil Tossens Premiere hatte. In dem
ökumenischen Projekt ist außerdem die katholische Gemeinde Butjadingen dabei.
„Vorab habe ich einen Aufruf gestartet, wer Lust hätte, sich für Gespräche schulen zu lassen“, sagt
der Pastor. „So ist ein Team von 18 Ehrenamtlichen zusammen gekommen.“ Am Strand wurden zwei Strandkörbe über Eck gestellt, und die Helfer wechseln sich damit ab, im „Zuhör-Korb“ zu
sitzen und für Redewillige bereit zu sein.
Die Sorgen sind auch im Reisegepäck
Denn wer in den Urlaub fährt, nimmt nicht nur Eimer und Schaufel, sondern auch seine Sorgen mit. „Wer möchte, kann
sich dann von der Seele reden, was ihn bedrückt“, erklärt Reumann-Claßen. „In den angegebenen Zeiten ist stets jemand da, der Zeit hat und zwei offene Ohren.“
Gesprochen werden könne über alles von alltäglichen Themen bis zu persönlichen Fragen. „Oft kann man sich
Unbekannten eher öffnen als Bekannten. Die Gespräche bleiben vertraulich.“ Hintergrund des Angebotes sei, dass es vielen Menschen gut tue, wenn sie jemanden hätten, dem sie etwas erzählen
könnten. Andere hören gerne zu. „Die ehrenamtlichen Zuhörer haben als Motivation angegeben, dass sie neugierig auf andere Menschen sind und sich freuen, Leute kennenzulernen.“
Damit sie ihrer Aufgabe gerecht werden können, sind alle Ehrenamtler vorher geschult worden. „Sie
sollten lernen, wie sie auch extremen Situationen gewachsen sind“, sagt der Theologe. Er erwartet, dass das eher selten der Fall sein wird. „Die Menschen tasten sich erst einmal
heran.“
Menschen haben Redebedarf
Attraktiv sei, dass durch die „Zuhör-Körbe“ ein Schutzraum abseits und doch mitten im Strandleben angeboten werde.
Als Beichtstuhl sieht Reumann-Claßen das neue Format eher nicht. „Wer beichten will, kann das natürlich tun, aber im Vordergrund steht eine andere Motivation.“
Er merke bei seiner Arbeit in der Gemeinde, dass Menschen nach der Corona-Pandemie und nach dem Ausbruch des
Krieges in der Ukraine sehr viel Redebedarf hätten. Dem kommen die „Zuhör-Körbe“ am Tossener Deich entgegen.
„Wenn sich herausstellt, dass jemand weitergehende Hilfe braucht, geben die Zuhörer auch Adressen für
professionelle Beratungsstellen weiter.“ Die Gespräche würden offen, empathisch und in respektvoller Distanz geführt. Nach sechs Wochen soll es ein Treffen geben, bei dem eine erste Bilanz
gezogen werden soll, wo es Änderungsbedarf gebe. „Das alles geschieht unter Wahrung der Verschwiegenheit.“
Die „Zuhör-Körbe“ sind beschriftet und zusätzlich an wehenden Strandbannern zu erkennen, die auf die Kirche am
Deich hinweisen. Und auch wenn mal kein Strandwetter sei: „Das Projekt ist stimmig“, sagt Reumann-Claßen, „das ist ein gutes Angebot der Kirchen. Mal sehen, wie es angenommen wird.“
Arbeitslose Ukrainer: Ampel weist Dobrindt-Vorstoß zurück
Der CSU-Politiker Dobrindt schlägt vor, arbeitslose Menschen aus der Ukraine in ihre Heimat zurückzuschicken. Die FDP-Politikerin
Strack-Zimmermann hält von diesem Vorschlag nicht viel.
In der Ampel-Koalition stößt der Vorstoß von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, arbeitslose
Ukrainer in sichere Gegenden ihres Heimatlandes zurückzuschicken, auf scharfe Ablehnung. Die ins EU-Parlament gewählte FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann
nannte den Vorschlag „bizarr“. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), und der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Torsten Herbst,
warfen Dobrindt Populismus vor. Auch aus der CDU kam Kritik.
Keine Ecke mehr in der Ukraine, die sicher ist
Strack-Zimmermann sagte im Deutschlandfunk: „Es gibt keine Ecke mehr in der Ukraine, die sicher ist.“ Sie plädierte
dafür, die Anstrengungen zu verstärken, um Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland in Arbeit zu bringen. Dafür müssten die Kommunen es schaffen, dass die Kinder versorgt sind, um vor allem
Frauen zu ermöglichen, arbeiten zu gehen. „Dass genug Arbeit da ist, ist gar keine Frage“, sagte Strack-Zimmermann, die aus dem Bundestag ausscheidet und kürzlich den Vorsitz im
Verteidigungsausschuss abgegeben hat.
Dobrindt hatte der Bild am Sonntag gesagt, mehr als zwei Jahre nach Kriegsbeginn müsse der Grundsatz gelten: „Arbeitsaufnahme in
Deutschland oder Rückkehr in sichere Gebiete der West-Ukraine“. Zudem forderte der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag Änderungen bei den staatlichen Hilfen für Geflüchtete aus der Ukraine. Sie
müssen kein Asyl beantragen und erhalten damit direkt ein Aufenthaltsrecht und zudem Bürgergeld statt Asylbewerberleistungen. Diese Entscheidung der Bundesregierung zu Beginn des russischen
Angriffskriegs im Februar 2022 sei als schnelle Hilfe gedacht gewesen, aber längst zur Arbeitsbremse geworden, sagte Dobrindt.
Typischer CSU-Populismus
Der SPD-Politiker Roth sagte der Bild-Zeitung: „Die Union, die in Fragen von Krieg und Frieden gerne auf dem ganz
hohen Ross der Moral reitet, muss sich ehrlich machen, wie sie es wirklich mit der Ukraine hält.“ Der FDP-Politiker Herbst bezeichnete den Vorstoß Dobrindts als „typischen CSU-Populismus“. „Eine
bestehende Arbeit kann nicht die rechtliche Voraussetzung für Kriegsflüchtlinge sein“, sagte er der Zeitung.
Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien sagte der Bild-Zeitung unter
Anspielung auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin: „Wir dürfen nicht das Lied von Putins Freunden singen und diese geflüchteten Menschen zu einem Problem machen.“ Aufgabe müsse es sein,
ihre Teilnahme am Arbeitsmarkt zu erleichtern.
Rund 1,3 Millionen Ukrainer leben in Deutschland
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 sind mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine nach Deutschland
geflohen. Die Mehrheit der Geflüchteten sind Frauen und Kinder. Nach Angaben der Bundesregierung lebten im März laut Ausländerzentralregister rund 1,3 Millionen Menschen mit ukrainischer
Staatsangehörigkeit in Deutschland.
Driften die gesellschaftlichen Gruppen auseinander und drohen gesellschaftliche Solidaritätsstrukturen
auseinanderzubrechen – so wie es viele aktuelle Diskussionen und Artikel in den Medien suggerieren? Keineswegs. Eine neue Studie im Rahmen des Religionsmonitors der Bertelsmann Stiftung zeigt,
dass es um die Solidarität in unserer Gesellschaft weit besser bestellt ist, als solche Diskussionen und Artikel uns glauben lassen. Dies zeigt sich etwa mit Blick auf die Spendenbereitschaft.
Laut dem Religionsmonitor 2023 haben rund zwei Drittel der Befragten in Deutschland in den vergangenen zwölf Monaten für wohltätige Zwecke gespendet, davon 72 Prozent in Form einer Geldspende. 61
Prozent geben an, dass sie im Falle eines Lottogewinns einen Teil des gewonnenen Geldes für wohltätige Zwecke abgeben würden. Rund drei Viertel der Bevölkerung würde Geld spenden für Flutopfer in
Deutschland; fast zwei Drittel auch für Opfer eines Erdbebens in einem Entwicklungsland. Stark ausgeprägt ist die Hilfsbereitschaft auch gegenüber Flüchtlingen: Rund drei Viertel der Befragten
wären bereit zu helfen, wenn eine geflüchtete Person um Unterstützung bei Behördengängen bittet (79 Prozent bei Ukrainer:innen, 73 Prozent bei Syrer:innen). Und jede vierte Person hat sich
während des Befragungszeitraums ehrenamtlich für die Gemeinschaft engagiert. "Wir sehen hier, dass die Solidaritätsstrukturen in Deutschland durchaus intakt sind", erklärt Ulrich Kober, Experte
für Integration und Zusammenhalt der Bertelsmann Stiftung. "Das ist gerade in Zeiten großer Verunsicherung und grundlegender gesellschaftlicher Konflikte eine sehr gute und keineswegs
selbstverständliche Nachricht."
Solidarität bei religiösen Menschen stärker ausgeprägt
Besonders positiv ausgeprägt sind Solidaritätshaltungen bei Personen mit
Religionsbezug. "Unsere Zahlen zeigen: Religion ist eine wichtige Quelle für Solidarität", sagt Yasemin El-Menouar, Religionsexpertin der Bertelsmann Stiftung. So geben in den Befragungen des
Religionsmonitors 70 Prozent der religiösen Personen an, aktive Spender:innen zu sein. Zum Vergleich: Bei Personen ohne Religionsbezug sind es 59 Prozent. Vertieften Analysen zeigen zudem, dass
schon die religiöse Prägung in Kindheit und Jugend einen positiven Effekt hat und auch im Erwachsenenalter nachhallt, selbst wenn sich die Menschen später weniger mit der Religion verbunden
fühlen. Die Hilfsbereitschaft für Geflüchtete ist bei religiösen Personen ebenfalls tendenziell stärker. 73 Prozent der befragten Christ:innen und 88 Prozent der befragten Muslim:innen würden
Syrer:innen unterstützen, während es bei den Personen ohne Religionszugehörigkeit 67 Prozent sind. Bei der Unterstützung für Geflüchtete aus der Ukraine zeigt sich, dass die Hilfsbereitschaft bei
Befragten mit christlicher Religiosität ausgeprägter ist als bei nichtreligiösen Personen: 82 Prozent der Christ:innen würden hier helfen, im Vergleich zu 76 Prozent bei den Menschen ohne
Religionszugehörigkeit. Bei den Muslim*innen liegt die Bereitschaft, den meist christlichen Ukrainer:innen zu helfen, allerdings etwas niedriger (72 Prozent).
Misstrauen untergräbt Solidarität – aber Solidaritätsverhalten insgesamt stark
verbreitet
Der Religionsmonitor zeigt weiter, dass neben dem Religionsbezug das Vertrauen in andere Menschen eine wichtige Rolle
für das eigene Solidaritätsverhalten spielt. Während unter denjenigen Befragten, die den meisten Menschen im Allgemeinen vertrauen, 74 Prozent spenden, sind es bei den persönlich eher
misstrauischen Befragten nur 52 Prozent. Bei der hypothetischen Spendenbereitschaft im Falle eines Lottogewinns ist der Unterschied sogar noch größer: 76 Prozent gegenüber 40 Prozent. Wer also
auf die Hilfe der anderen vertraut, ist eher bereit, anderen zu helfen.
Insgesamt sind laut Religionsmonitor zwei Drittel der Befragten der Meinung, dass sich Arme und in Not
Geratene hierzulande auf Unterstützung verlassen können. Dieses generelle Sozialvertrauen ist auf den ersten Blick erstaunlich – angesichts dessen, dass laut den Befragungen des Religionsmonitors
rund drei Viertel der Bevölkerung in Deutschland ein eher pessimistisches Menschenbild haben und überzeugt sind, dass die meisten Mitmenschen nur an sich selbst und nicht an andere denken. Der
vermeintliche Widerspruch löst sich auf, wenn die Befunde zu den verschiedenen Solidarebenen berücksichtigt werden. Denn Garanten der Solidarität sind für die Befragten nicht abstrakte
Einzelpersonen, sondern die Familie (89 Prozent), Nachbarschaft und Freundeskreis (79 Prozent) sowie religiöse Gemeinden (44 Prozent). Nicht zuletzt setzt eine große Mehrheit (78 Prozent) auf den
Staat, der dem möglichen Mangel an individueller Solidarität durch Umverteilung entgegenwirkt. Diese Zahlen sind ein positives Signal. Es gibt aber andererseits noch einiges zu tun und zu
verbessern: Denn drei Viertel der Befragten nehmen Gerechtigkeitslücken in Deutschland wahr und bezweifeln, dass die sozialen Unterschiede im Land im Großen und Ganzen gerecht sind. "Wenn es
Staat und Gesellschaft nicht gelingt, hier gegenzusteuern, droht das Sozialvertrauen zu erodieren", sagt El-Menouar. "Und das wiederum hätte auf Dauer auch Konsequenzen für das
Solidaritätsverhalten in unserer Gesellschaft. Noch zeigt sich ein hohes Maß an Solidarität. Kirchen, Zivilgesellschaft und politische Akteure müssen gemeinsam daran arbeiten, dass dies so
bleibt."
Bischöfin Fehrs: Abtreibung nicht generell unter Strafe stellen
Die Evangelische Kirche in Deutschland hat dafür plädiert, Abtreibungen auch außerhalb des Strafrechts zu regeln. Die
Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs erklärt, wie es nach dem Vorstoß weitergeht.
Bischöfin Kirsten Fehrs während der EKD-Synode in Ulm (Archivbild aus 2023)epd-bild / Heike Lyding
Bischöfin Kirsten Fehrs hat einen Vorschlag der Evangelischen Kirche in Deutschland
(EKD) verteidigt, Schwangerschaftsabbrüche künftig unter bestimmten Umständen außerhalb des Strafrechts zu regeln. „Wir sehen in den Beratungsstellen, dass es eine Unwucht
darstellen kann, die Abtreibung für die Frau generell unter Strafe zu stellen“, sagte die EKD-Ratsvorsitzende der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Hamburg. „Wir erhoffen uns
einen größeren Schutz für das ungeborene Leben, wenn wir die Rechte der schwangeren Frau stärken.“
Der Rat der EKD hatte im Oktober eine Stellungnahme veröffentlicht, die sich an eine von der Bundesregierung eingesetzte
Expertenkommission richtet. Diese soll klären, ob – und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen – eine Regelung zum Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafrechts möglich ist.
Laut Paragraf 218 des
Strafgesetzbuchs ist ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich rechtswidrig. Er bleibt jedoch straflos, wenn er in den ersten zwölf Wochen vorgenommen
wird.
EKD will vollständige Entkriminalisierung von Abtreibung
Die EKD spricht sich nicht für eine vollständige Entkriminalisierung von Abtreibung aus. Sie
plädiert jedoch für eine abgestufte Regelung je nach Schwangerschaftsstadium, die im Detail noch näher diskutiert werden müsse. Die katholische Deutsche Bischofskonferenz will hingegen an der
gegenwärtigen Regelung festhalten.
Laut Fehrs will die EKD damit auch die Beziehung zum Partner einer schwangeren Frau berücksichtigen, die zumeist total aus dem
Blick gerate. Einbezogen werden solle auch die gesellschaftliche Haltung, die nicht dazu einlade, ein Kind auszutragen, wenn man in prekären Verhältnissen lebe. „Diesen gesamtgesellschaftlichen
Aspekt wollen wir stark machen.“
Unter welchen Umständen genau eine Abtreibung straffrei bleiben kann, ist Fehrs zufolge noch zu diskutieren. „Die Stellungnahme des
Rates war ein Beitrag, der diese Debatte bewusst anstoßen wollte.“ Auch in der evangelischen Kirche gebe es durchaus eine kontroverse Diskussion. „Und die wird in einer breit aufgestellten
Arbeitsgruppe derzeit mit aller Sorgfalt weiterbearbeitet“, so die Ratsvorsitzende.
Grund zum Feiern gab es wieder einmal in Cadenberge.
Pastorin Susanne Kuhland wurde in ihr Amt eingeführt. Sie ist mit einer Vollzeitstelle Springerin in den Regionen Mitte und Ost. Darüber hinaus nimmt sie die Leitung der St. Nicolai
Kindertagesstätte in Cadenberge wahr.
Aufgewachsen in Langen, führte sie ihr Studium der Theologie Über Neuendettelsau, Heidelberg Wien und Göttingen. Da ihr nach dem Abschluss des Studiums zunächst keine Pfarrstelle zugewiesen
wurde, folgte noch eine Ausbildung zur Heimleiterin. Als Pastorin arbeitete sie im Weserbergland, Ostfriesland-Ems, in Wien und zuletzt in Tostedt.
Die Springerstelle wird sie nicht zu sehr mit Verwaltungsarbeiten belasten, sondern den Umgang mit den Menschen in den Mittelpunkt stellen.
In Ihrer Ansprache gebrauchte Pastorin Kuhland für die Arbeit in Gremien das Bild von einer Streichholzschachtel. Die Streichholzschachtel hat eine Reibfläche und ohne diese wäre sie sinnlos.
An der Reibfläche entsteht ein Funke, der in Idealfall zu einer Flamme wird und die Welt erleuchten kann.
Nach dem Gottesdienst gab es bei einem Empfang Gelegenheit, die Pastorin näher kennenzulernen.
Frau Pastorin Susanne Kuhland ist als Springerin im Kirchenkreis auch in Cadenberge tätig.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Flüchtlingspolitik seiner Regierung gegen Kritik verteidigt. Es gebe Grundprinzipen, die unverrückbar gelten müssten, sagte Scholz in Berlin. „Jemanden aufzunehmen, der flieht
vor Verfolgung und Krieg, ist ein Gebot der Menschlichkeit“, sagte der Kanzler. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass nicht jeder vor Krieg und Verfolgung fliehe. Scholz äußerte sich beim
Johannisempfang der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), bei dem die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus heftige Kritik am Kurs
der Regierung übte.
„Nicht jedem, der in der Hoffnung auf ein besseres Leben nach Deutschland kommt, kann Deutschland ein solches Leben auch ermöglichen“, sagte Scholz. Dies gelte es zu berücksichtigen, gerade wenn
man Flüchtenden in Not auch in Zukunft helfen wolle. „Nur so erhalten wir die Zustimmung dafür, dass Deutschland Zuwanderung braucht“, sagte er.
„Kein
kleinster gemeinsamer Nenner“
Die EKD-Ratsvorsitzende Kurschus hatte in ihrer Festrede beim traditionellen Jahresempfang ihrer Kirche den Kompromiss der EU-Innenminister
für ein gemeinsames europäisches Asylsystem zuvor scharf kritisiert. Europa habe „den kleinsten gemeinsamen Nenner in der Migrationsfeindlichkeit gesucht und gefunden“, sagte Kurschus. „Ich muss
es tatsächlich so hart formulieren“, ergänzte sie.
Die Innenministerinnen und Innenminister der EU-Staaten hatten sich Anfang Juni auf Grundzüge eines gemeinsamen Asylsystems geeinigt. Die Bundesregierung stellt heraus, dass damit erstmals ein
verbindlicher Solidaritätsmechanismus zur Verteilung von Flüchtlingen in Sicht ist. Der Kompromiss sieht aber auch sogenannte EU-Grenzverfahren vor, die nach Auffassung von
Flüchtlingsorganisationen dazu führen könnten, dass Tausende Schutzsuchende in Lagern unter haftähnlichen Bedingungen ausharren müssen, bis ihr Anliegen geprüft ist.
Die Kirche könne und wolle sich nicht mit dem zufriedengeben, „was die EU auf Regierungsebene als einen verheißungsvollen Neuansatz in der gemeinsamen Migrationspolitik bezeichnet“, sagte
Kurschus unter Applaus vieler der anwesenden Gäste aus Religionsgemeinschaften, Politik und anderen gesellschaftlichen Bereichen. Abschottung und eine Rhetorik, die Angst verbreite, „spielen
denen in die Hände, die Probleme bewirtschaften wollen, statt sie zu lösen“, sagte Kurschus.
Weitere Politiker zu Gast
Zu dem Empfang in der Französischen Friedrichstadtkirche waren mehrere hundert Gäste gekommen, darunter Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang,
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), zahlreiche Bundestagsabgeordnete und prominente Vertreter anderer Religionsgemeinschaften.
Die Bürgerinitiative ´Cadenberge Hilft` ist mit einem Info-Stand und einem Stand mit Leckereien aus verschiedenen Ländern auf dem Markt an beiden Tagen vertreten! Die kirchliche Jugend und die
Kirchengemeinde sind natürlich auch präsent.
Die Seenotrettung muss aus Sicht der Deutschen Seemannsmission ausgebaut werden. Dabei dürfe es nicht darum gehen, warum Menschen in Seenot geraten seien, sagte der
Generalsekretär der Organisation, Matthias Ristau, dem Portal Domradio.de. „Die
Seenotretter in der Nord- und Ostsee fragen auch nicht, ob jemand trotz Unwetterwarnung mit seiner Segelyacht rausgefahren ist“. Für Seeleute sei es „höchst belastend“, wenn sie Menschen in
Flüchtlingsbooten nicht helfen könnten. Zuletzt hätten sich auf dem Mittelmeer Fälle gehäuft, in denen die zuständigen Behörden den Schiffen
untersagt hätten zu helfen. Mehrfach sei zudem die Rettung verzögert worden, sodass Menschen untergegangen seien, sagte Ristau unter Verweis auf Angaben der Internationalen Organisation für
Migration. Für diese Situationen, die auch für Seeleute eine schlimme Erfahrung bedeuteten, brauche es „unbedingt eine Lösung“.
Immer noch keine staatliche Rettung
Die Seemannsmission unterstütze die zivile Seenotrettung, die insbesondere gefragt sei, „solange es keine ‚gute‘ staatliche Rettung gibt“. Manchmal
kämen die Retter jedoch zu spät, würden behindert oder sogar angegriffen. „Es kommt auch vor, dass bei der Rettung nicht alle gerettet werden können oder dass an Bord der
Rettungsschiffe Menschen versterben“, sagte Ristau. In solchen Momenten sei eine seelsorgliche Betreuung besonders wichtig. Grundsätzlich seien die Mitarbeitenden der Seemannsmission mit verschiedensten Themen konfrontiert. Beispielsweise sei der Krieg ein Thema, wenn
Seeleute aus der Ukraine von der Zerstörung ihrer Heimat und von verstorbenen Verwandten berichteten. An Bord erlebe man die unterschiedlichsten Dinge, etwa nach plötzlichen
Todesfällen, Unfällen, schweren Unwettern oder Bränden. „Die Seeleute übernehmen alle Aufgaben. Sie sind Feuerwehr und Rettungsdienst“, erklärte der Experte.
Die Seemannsmission wolle auch die internationale Zusammenarbeit verstärken. „An vielen Orten werden die Seeleute vergessen“, kritisierte Ristau.
Derzeit sei eine Zusammenarbeit mit der britischen Seemannsmission geplant, um auf beiden Seiten des Panamakanals seelsorgliche Angebote aufzubauen. Eine gute Vernetzung mit den
Hafenbehörden, Reedereien und Gewerkschaften sei sehr wichtig: „Wir sind einer sehr speziellen, abgeschotteten, abgeschlossenen Welt unterwegs“. Es gelte, verschiedene Vorschriften
aus unterschiedlichen Ländern zu kennen und zu beachten.
Was die Seemannsmission macht
Die Deutsche Seemannsmission ist eine evangelische Seelsorge- und Sozialeinrichtung für Seeleute. Sie kümmert sich seit 137 Jahren um die seelische Gesundheit von
Seeleuten. Auch die Ökumene sei wichtig, fügte Ristau hinzu. Die Seemannsmission sei für Seeleute aus allen Religionen und Kulturen da und arbeite mit anderen christlichen
Organisationen zusammen, zum Beispiel mit der katholischen Seemannsmission Stella Maris.